Wie verbreitet ist Weihnachtsgeld ?
Weihnachtsgeld ist für viele ein willkommenes Extra zum Jahresende. Rund die Hälfte der Beschäftigten in Deutschland bekommt eine Sonderzahlung – abhängig von Tarifvertrag, Branche und Region. Wir zeigen, wo es besonders hoch ausfällt und wer leer ausgeht.
1. Weihnachtsgeld: Wer bekommt überhaupt etwas?
Jedes Jahr im Herbst stellt sich für viele Beschäftigte dieselbe Frage: Gibt es Weihnachtsgeld – und wenn ja, wie viel?
Nach den aktuell ausgewerteten Daten des WSI-Tarifarchivs erhält etwa jede zweite beschäftigte Person in Deutschland (51 %) eine zusätzliche Zahlung zum Jahresende. Üblicherweise landet dieser Bonus bereits im November auf dem Konto.
Auffällig ist: Ohne Tarifvertrag hängt man deutlich öfter leer aus. In tarifgebundenen Betrieben bekommen rund 77 % der Beschäftigten Weihnachtsgeld, in Unternehmen ohne Tarifbindung dagegen nur 41 %. Grundlage der Analyse ist eine große Onlinebefragung von über 58.000 Beschäftigten auf Lohnspiegel.de.
Neben der Tarifbindung lassen sich weitere Tendenzen erkennen:
Männer erhalten etwas häufiger eine Sonderzahlung als Frauen.
In Westdeutschland liegt der Anteil spürbar über dem Wert in Ostdeutschland.
Vollzeitkräfte und unbefristet Beschäftigte haben leicht bessere Chancen als Teilzeitkräfte oder befristet Beschäftigte.
Der stärkste Einflussfaktor bleibt jedoch der Tarifvertrag – er entscheidet wesentlich darüber, ob ein Weihnachtsbonus gezahlt wird oder nicht.
2. Warum Tarifbindung so viel ausmacht
Tarifverträge regeln nicht nur den Bonus zum Jahresende. Sie sorgen meist auch für ein insgesamt höheres Entgeltniveau. Dadurch ist das Weihnachtsgeld tatsächlich ein zusätzliches Plus – und nicht einfach ein umetikettierter Teil des regulären Lohns.
Gleichzeitig zeigt sich ein langfristiger Trend: Die Tarifbindung nimmt ab. Nur noch knapp die Hälfte der Beschäftigten arbeitet in einem tarifgebundenen Betrieb – ein deutlicher Rückgang gegenüber dem Jahr 2000. Dass einige große Unternehmen aus der Tarifbindung ausgestiegen sind oder neugegründete Firmen Tarifverträge zunächst vermeiden, verstärkt diese Entwicklung.
Umso wichtiger ist aus Sicht der Arbeitsmarktforschung, dass Politik und öffentliche Hand tarifgebundene Strukturen stärken. Das neue Bundestariftreuegesetz wird hierbei als zentraler Baustein bewertet.
3. Wie hoch fällt Weihnachtsgeld je Branche aus?
Bei der Höhe der tarifvertraglichen Sonderzahlung gibt es enorme Unterschiede. Die Spannbreite reicht in mittleren Entgeltgruppen vom unteren dreistelligen Bereich bis weit über 4.000 Euro.
Besonders hohe Werte werden etwa gezahlt
in der Chemischen Industrie Nordrhein,
in Teilen der Energieversorgung Nordrhein-Westfalen oder
in der Süßwarenindustrie Baden-Württemberg.
Andere Branchen bewegen sich zwischen moderaten Festbeträgen und prozentualen Regelungen vom Monatsentgelt. Dort, wo 2025 höhere Tarifentgelte beschlossen wurden, steigt auch das Weihnachtsgeld automatisch mit.
Eine klassische Sonderzahlung in Höhe eines vollen Monatsentgelts (also 100 %) gibt es beispielsweise
in der Chemie,
bei der Deutschen Bahn,
im privaten Bankensektor oder
in Teilen der Textil- und Energiewirtschaft.
In der Eisen- und Stahlindustrie wurde die Sonderzahlung sogar auf 110 % angehoben – hier wurden Weihnachts- und Urlaubsgeld zu einer Jahresleistung zusammengeführt.
Im öffentlichen Dienst ersetzt die Jahressonderzahlung das frühere Weihnachts- und Urlaubsgeld. Je nach Entgeltgruppe liegt sie dort zwischen 52 und 85 % eines Monatsentgelts.
4. Regionale Unterschiede – wo steht der Osten, wo der Westen?
Da viele Tarifverträge regional abgeschlossen werden, schwanken die gezahlten Beträge teils erheblich. In einigen Branchen geht die Schere zwischen Ost und West um mehrere hundert Euro auseinander, im Bauhauptgewerbe sogar um mehr als tausend Euro.
Es gibt aber auch Ausnahmen:
In der Landwirtschaft liegt Mecklenburg-Vorpommern knapp über Bayern.
Bundesweit einheitlich geregelt ist die Sonderzahlung im Bankgewerbe, bei Versicherungen, im öffentlichen Dienst und bei der Deutschen Bahn.
Ganz ohne Weihnachtsgeld müssen nur wenige Branchen auskommen, z. B. die Gebäudereinigung, die Floristik oder Teile des ostdeutschen Bewachungsgewerbes. In manchen westdeutschen Regionen hängt der Anspruch wiederum von einer bestimmten Berufsdauer ab.
5. Wie zuverlässig sind die Daten?
Die WSI-Auswertung basiert auf der Lohnspiegel-Erhebung, an der mehr als 58.000 Beschäftigte teilgenommen haben. Die Daten sind nicht repräsentativ im strengen statistischen Sinn, ermöglichen aber aufgrund der großen Fallzahl sehr detaillierte Einblicke in unterschiedliche Branchen und Beschäftigtengruppen.
Das Statistische Bundesamt kommt auf abweichende Werte: Dort wird anhand von Tarifverträgen selbst gerechnet und nicht anhand der Angaben einzelner Beschäftigter. Deshalb ergeben sich andere Quoten – beide Datensätze sind korrekt, aber sie beleuchten die Thematik aus verschiedenen Blickwinkeln.