Kündigungsfristen im TVöD und TV-L Regeln, Schutz, Fristen & Tipps
Die Tarifverträge von Bund, Kommunen (TVöD) und Ländern (TV-L) regeln Kündigungsfristen nicht im BGB, sondern direkt im Tarifvertrag. Dadurch unterscheiden sie sich von vielen anderen Arbeitsverhältnissen: Die Fristen hängen immer von zwei Faktoren ab:
Art des Vertrags (befristet oder unbefristet)
Beschäftigungszeit (§ 30, § 34 TVöD / § 30, § 34 TV-L)
Da sich TVöD und TV-L in diesem Punkt nur minimal unterscheiden, können die Regeln weitgehend gemeinsam erklärt werden.
1. Was regeln die Tarifverträge TVöD und TV-L bei der Kündigungsfrist?
Unter den TVöD fallen verschiedene Bereiche jeweils mit eigenen Geltungsbereichen, aber identischen Grundprinzipien bei den Fristen:
TVöD VKA Kündigungsfrist gilt für den Bereich Kommunale Arbeitgeberverbände
TVöD SuE Kündigungsfrist gilt für den Bereich Sozial- und Erziehungsdienst
TVöD S Kündigungsfrist gilt für den Bereich Sparkassen
TVöD K Kündigungsfrist gilt für den Bereich Krankenhäuser
TVöD Bund Kündigungsfrist gilt für den Bereich Bundesverwaltung
sowie
TV-L Kündigungsfrist gilt für alle Angestellte der Länder
Der TVöD (Bund und Kommunen) und der TV-L (Länder) sind eigenständige Tarifverträge, aber bei den Kündigungsfristen fast deckungsgleich. Entscheidend ist, ob Dein Arbeitsvertrag befristet oder unbefristet ist. Zusätzlich gibt es besondere Regeln für die Probezeit und für einvernehmliche Beendigungen über einen Aufhebungsvertrag.
Der Grundsatz bleibt aber überall gleich:
Je länger Ihre Beschäftigungszeit, desto länger die Kündigungsfrist.
So schützen die Tarifverträge Beschäftigte mit einer längeren Betriebszugehörigkeit stärker und geben Arbeitgebern zugleich klare Vorgaben für die Beendigung von Arbeitsverhältnissen.
Rechtsgrundlagen:
TVöD: § 30 (befristet), § 34 (unbefristet)
TV-L: § 30 (befristet), § 34 (unbefristet), teils in Bezug auf BAT SR 2y
2. Welche Kündigungsfristen gelten bei befristeten Verträgen im TVöD und TV-L?
Befristete Verträge folgen in beiden Tarifverträgen denselben Stufen. Die Fristen stehen in § 30 TVöD / TV-L.
Kündigungsfristen bei befristeten Verträgen
Beschäftigungszeit | Kündigungsfrist |
|---|---|
bis Ende der Probezeit | 2 Wochen zum Monatsende |
über 6 Monate | 4 Wochen zum Monatsende |
über 1 Jahr | 6 Wochen zum Monatsende |
über 2 Jahre | 3 Monate zum Quartalsende |
über 3 Jahre | 4 Monate zum Quartalsende |
Wichtig laut § 30 TVöD/TV-L:
Aneinander gereihte Verträge werden zusammengerechnet.
Eine ordentliche Kündigung nach der Probezeit ist erst möglich, wenn der Vertrag mindestens 12 Monate läuft.
Bei akademischen befristeten Beschäftigten oder Arbeitern können abweichend die Fristen der unbefristeten Verträge gelten.
Unterbrechungen von bis zu 3 Monaten schaden nicht, wenn sie nicht vom Beschäftigten verursacht wurden (§ 30 Abs. 5 TVöD/TV-L).
3. Wie lang sind die Kündigungsfristen bei unbefristeten Arbeitsverträgen im TVöD und TV-L?
Die Staffelung der Kündigungsfristen beginnt nach § 34 TVöD/TV-L mit kurzen Fristen und verlängert sich mit der Betriebszugehörigkeit - ein Grundprinzip beider Tarifverträge.
Kündigungsfristen bei unbefristeten Verträgen
Beschäftigungszeit | Kündigungsfrist |
|---|---|
weniger als 6 Monate | 2 Wochen zum Monatsende |
bis 1 Jahr | 4 Wochen zum Monatsende |
über 1 Jahr | 6 Wochen zum Quartalsende |
mindestens 5 Jahre | 3 Monate zum Quartalsende |
mindestens 8 Jahre | 4 Monate zum Quartalsende |
mindestens 10 Jahre | 5 Monate zum Quartalsende |
mindestens 12 Jahre | 6 Monate zum Quartalsende |
Hinweis:
Beim TVöD können Vorbeschäftigungen bei anderen öffentlichen Arbeitgebern als Beschäftigungszeit angerechnet werden (§ 34 Abs. 3 TVöD).
Beim TV-L ist das ebenfalls möglich, allerdings enger an den Landesbereich gebunden.
4. Wann gilt im öffentlichen Dienst die tarifliche Unkündbarkeit?
Ein besonderer Punkt ist die tarifliche Unkündbarkeit, die in § 34 Abs. 2 TVöD/TV-L geregelt ist.
Wer gilt als unkündbar?
Im Tarifgebiet West (TVöD und TV-L):
mindestens 15 Jahre Beschäftigungszeit
mindestens 40 Jahre alt
unbefristeter Vertrag
Dann darf der Arbeitgeber nur noch aus wichtigem Grund kündigen.
TVöD-Besonderheit:
Ab 01.08.2025 wird der besondere Kündigungsschutz auch im Tarifgebiet Ost eingeführt (Bund-Bereich).
5. Welche Kündigungsfrist gilt in der Probezeit im TVöD und TV-L?
Während der Probezeit (max. 6 Monate) gelten immer - 2 Wochen zum Monatsende - dabei kann bis einschließlich zum letzten Tag der Probezeit von beiden Seiten eine Kündigung ausgesprochen werden.
Rechtsgrundlage:
§ 30 Abs. 4 Satz 2 TVöD/TV-L (befristete Verträge)
§ 34 Abs. 1 TVöD/TV-L (unbefristete Verträge)
Besonderheiten:
In der Probezeit gilt der Kündigungsschutz nach dem § 1 Abs. 1 KSchG noch nicht.
Schwerbehinderte Personen haben erst nach 6 Monaten besonderen Schutz (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX).
Schwangere sind vom ersten Tag an geschützt (§ 17 MuSchG).
6. Wovon hängt die Dauer der Probezeit ab?
Befristete Arbeitsverträge im TVöD folgen festen Regeln. Besonders wichtig ist der Unterschied zwischen Verträgen mit und ohne sachlichen Grund (§ 30 Abs. 4 Satz 1 TVöD/TV-L)
Beispiel 1: Befristung ohne sachlichen Grund
Lisa wird als Verwaltungsmitarbeiterin eingestellt. Ihr neuer TVöD-Vertrag ist ohne sachlichen Grund befristet und läuft zwölf Monate. Das ist die übliche Mindestdauer; kürzer als sechs Monate dürfte der Vertrag gar nicht sein.
Probezeit: Die ersten sechs Wochen gelten als Probezeit.
Kündigung in der Probezeit: Während dieser Zeit kann Lisa mit einer Frist von zwei Wochen zum Monatsende kündigen oder gekündigt werden.
Vor Vertragsende: Der Arbeitgeber muss prüfen, ob Lisa anschließend weiterbeschäftigt werden kann (unbefristet oder erneut zeitbefristet).
In der Praxis:
Kündigt Lisa am 10. März, endet ihr Arbeitsverhältnis zum Monatsende, also am 31. März.
Beispiel 2: Befristung mit sachlichem Grund
Tom arbeitet projektbezogen in einem IT-Digitalisierungsprojekt. Sein Vertrag ist mit sachlichem Grund befristet, weil er klar an die Projektlaufzeit gekoppelt ist. Das Projekt dauert 18 Monate.
Probezeit: Bei dieser Art der Befristung gelten die ersten sechs Monate automatisch als Probezeit.
Kündigung in der Probezeit: Auch hier kann während der Probezeit mit zwei Wochen zum Monatsende gekündigt werden.
Ende des Projekts: Läuft das Projekt aus, endet auch Toms Vertrag ohne dass eine Verlängerung zwingend geprüft werden muss.
In der Praxis:
Kündigt Tom am 5. Juli während der Probezeit, endet sein Vertrag ebenfalls zum 31. Juli.
7. Welche Regeln gelten bei einem Aufhebungsvertrag im öffentlichen Dienst?
Ein Aufhebungsvertrag (TVöD/TV-L: § 33 Abs. 1 b „Auflösungsvertrag“) beendet das Arbeitsverhältnis einvernehmlich.
Wichtig zu wissen:
Tarifliche und gesetzliche Kündigungsfristen müssen bei einem Aufhebungsvertrag nicht eingehalten werden.
Freie Vereinbarungen sind möglich
Die Agentur für Arbeit kann eine Sperrzeit beim ALG verhängen.
8. Sind die Kündigungsfristen in TVöD und TV-L identisch?
Ja zu über 95 %.
Beide Tarifverträge nutzen:
dieselben Fristen,
dieselben Staffelungen,
dieselbe Systematik (Monatsende | Quartalsende),
dieselben Paragraphenstrukturen (§ 30 und § 34).
Unterschiede gibt es nur in Details, etwa bei der Anerkennung von Vorbeschäftigungen oder der Ausweitung des Kündigungsschutzes im TVöD Ost ab 2025.
FAQ: Häufige Fragen zur Kündigung im TVöD & TV-L
1. Kann ich im öffentlichen Dienst immer zum Monatsende kündigen?
Nicht immer. Die Fristen hängen von der Beschäftigungszeit ab. Nach einem Jahr Betriebszugehörigkeit sind Kündigungen meist nur noch zum Quartalsende möglich (§ 34 TVöD/TV-L).
2. Gilt die Probezeit immer sechs Monate?
Ja, der TVöD und TV-L sehen eine maximal sechsmonatige Probezeit vor. In dieser Zeit beträgt die Kündigungsfrist zwei Wochen zum Monatsende.
3. Werden frühere Jobs im öffentlichen Dienst bei der Kündigungsfrist angerechnet?
Teilweise. Beim TVöD können Vorbeschäftigungen bei Bund, Kommunen und tvöd-nahen Arbeitgebern angerechnet werden. Beim TV-L ist die Anrechnung enger geregelt und stärker auf den jeweiligen Landesbereich ausgerichtet.
4. Kann mir während der Probezeit fristlos gekündigt werden?
Ja, der Arbeitgeber darf auch in der Probezeit aus wichtigem Grund fristlos kündigen (§ 626 BGB). Der Kündigungsschutz greift erst nach sechs Monaten.
5. Ab wann bin ich unkündbar?
Im Tarifgebiet West ab 15 Jahren Beschäftigungszeit und einem Mindestalter von 40 Jahren. Im TVöD Ost gilt der besondere Schutz ab 01.08.2025 ebenfalls.
6. Kann ich einen Aufhebungsvertrag bekommen, obwohl die Frist länger wäre?
Ja. Bei einem Aufhebungsvertrag sind Arbeitgeber und Beschäftigte nicht an Fristen gebunden. Beide Seiten entscheiden frei über den Beendigungszeitpunkt. Achtung: mögliche Sperrzeit beim ALG.
7. Welche Kündigungsfrist gilt für befristete Verträge?
Die Frist richtet sich nach § 30 TVöD/TV-L und steigt mit der Beschäftigungszeit von 2 Wochen bis hin zu 4 Monaten zum Quartalsende.
8. Zählt Sonderurlaub für die Kündigungsfrist?
Nein. Sonderurlaub zählt nur, wenn ein dienstliches Interesse schriftlich bestätigt wurde (§ 34 Abs. 3 TVöD/TV-L).
9. Wie kündige ich korrekt?
Die Kündigung muss immer schriftlich im Original erfolgen (§ 623 BGB). Eine Kündigung per E-Mail, PDF oder Messenger ist unwirksam.
10. Gilt der Kündigungsschutz für Schwangere sofort?
Ja. Ab Bekanntgabe der Schwangerschaft sind Kündigungen unzulässig (§ 17 MuSchG), unabhängig von Probezeit oder Beschäftigungsdauer.
Checkliste: Was sollstest Du bei einer Kündigung im öffentlichen Dienst beachten?
1. Prüfe deine Kündigungsfrist
Gilt Monatsende oder Quartalsende?
Handelt es sich um einen befristeten oder unbefristeten Vertrag?
Beschäftigungszeit korrekt berechnet?
Besonderer Kündigungsschutz (z. B. Unkündbarkeit) möglich?
2. Halte die Schriftform ein
Kündigung handschriftlich unterschreiben
Anschrift des Arbeitgebers prüfen (Dienststelle/Personalreferat)
Datum & letzter Arbeitstag einfügen
Original per Post oder persönlich abgeben (Eingangsnachweis sichern)
3. Kläre deinen Resturlaub & Zeitguthaben ab
Offene Urlaubsansprüche nennen
Überstunden oder Gleitzeit dokumentieren
Abklärung mit Personalstelle oder Vorgesetzten
4. Beantrage rechtzeitig dein Zeugnis
Anspruch auf qualifiziertes Arbeitszeugnis
Zwischenzeugnis sinnvoll bei längeren Fristen
am besten fragst Du zwischendurch bereits nach einem Zwischenzeugnis
5. Denk an die Rückgabe von Dienstmitteln
Dienstausweis
Schlüssel / Schließmedien
Laptop/Tablet/Smartphone
Akten, Unterlagen, Zugangskarten
6. Verlange einen Nachweis für die Arbeitsagentur
Bescheinigung des Arbeitgebers für die Agentur für Arbeit
Bei Aufhebungsvertrag: Sperrzeitrisiko prüfen
7. Informiere den Personalrat
Personalrat begleiten lassen, wenn Unsicherheiten bestehen
Personalvertretung kann Kündigungsschreiben prüfen und Auskünfte geben
8. Prüfe ob es Interne Versetzungsmöglichkeiten gibt
Manchmal reicht ein Abteilungswechsel, ohne direkt zu kündigen
Personalstelle oder Vorgesetzte ansprechen